Persönlichkeit: Niki Lauda
Lauda als Unternehmer Brutal ehrlich
Als Rennfahrer wurde Niki Lauda zur Legende. Doch der Österreicher hat auch als sehr erfolgreicher Unternehmer Spuren hinterlassen. Und schonte dabei weder Betriebsräte noch sich selbst.
Um den Unterschied zwischen Niki Lauda und einem Durchschnittsmenschen zu illustrieren, genügt ein Hinweis auf die Kappe, die er fast immer trug. Während die meisten in ein Geschäft gehen und für so eine Kappe rund 15 Euro ausgeben, um anschließend das Emblem der favorisierten Marke spazieren zu tragen, konnte Lauda selbst die Bedingungen bestimmen. Was den Namen anging, war er leidenschaftslos - wenn das dahinterstehende Unternehmen nur genug bezahlte. Am Ende, so heißt es, soll er für die Kappenwerbung rund 1,2 Millionen Euro bekommen haben.
Doch der Durchschnitt ist ohnehin nicht die passende Messlatte für jemanden wie Lauda. Selbst im ohnehin elitären Kreis der Formel-1-Rennfahrer ragte er heraus. Nicht nur wegen seiner drei Weltmeistertitel (den vierten hätte er sicher gehabt, wenn er 1976 auf dem Nürburgring nicht bei einem spektakulären Unfall beinahe sein Leben verloren hätte). Anders als die allermeisten seiner Konkurrenten nutzte er die Millionen, die er im Formel-1-Zirkus verdient hatte, um eine neue Karriere als Unternehmer zu starten.
Und dabei ging es nicht etwa um eine coole Bar, ein Autohaus, oder den Verkauf eines eigenen Parfüms: Mit der Gründung der Lauda Air 1979 lieferte der Rennfahrer den Beleg dafür ab, dass er Talente besitzt, die weit über das Geschick, die eigene Bekanntheit zu vermarkten, hinausgingen.
Der Erfolg fiel im beileibe nicht in den Schoß. Seine erste Flotte bestand aus drei Propellermaschinen, die dem Platzhirschen Austrian Airlines Marktanteile abzuringen versuchte. Ein hoffnungsloses Unterfangen: 1982 waren die Reserven der Newcomer-Fluglinie nahezu aufgebraucht. Lauda zog emotionslos Bilanz und schloss sich wieder dem Formel-1-Zirkus an.
Mit Lauda Air rutschte Lauda 1991 auch in die schwerste Krise seines Lebens, die ihn wohl bis zu seinem Ende belasten sollte: der Absturz einer Boeing 767 in Thailand mit 223 Menschen an Bord, von denen niemand überlebte. Lauda, dem die Sicherheit seiner Flugzeuge immer über alles ging, war zutiefst erschüttert. Er reiste nach Thailand, sprach persönlich mit den Angehörigen und bemühte sich um die Klärung der Ursache.
Gewerkschaften hatten wenig zu melden
Für Lauda selbst bedeutete das höchstes Risiko, denn es war keineswegs klar, dass der Unfall nicht auf Versäumnisse in seinem Unternehmen zurückzuführen war. Schließlich stellte sich heraus, dass ein Konstruktionsfehler von Boeing die Katastrophe ausgelöst hatte. Wenn Lauda Air Schuld gewesen wäre, hätte er ohnehin nicht weitergemacht, sagte er später.
Kommunikationsexperten beschreiben sein Verhalten heute als Musterbeispiel für eine gelungene Krisenbewältigung. Und doch wird diese Charakterisierung der Person Laudas nicht gerecht. Beim Stichwort Krisenbewältigung schwingt zu viel Berechnung mit, zu viel Konzentration darauf, den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Nichts davon traf auf Niki Lauda zu.
Lauda sei "in den vergangenen sechseinhalb Jahren immer brutal ehrlich gewesen", beschrieb ihn sein langjähriger Kollege und Vertrauter, Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff in seiner Beileidsadresse an die Familie. Solche Geradlinigkeit nennen viele Beobachter als Laudas wichtigsten Charakterzug - auch wenn sie ihm eher Negatives nachsagen wollen.
Mit der erwähnten Geradlinigkeit führte Lauda auch sein Unternehmen. Kompromisse waren seine Sache nicht, wer widersprechen wollte, musste schon sehr gute Argumente haben. Auch Gewerkschaften und Betriebsräte hatten bei ihm einen schweren Stand. "Wer die Bedingungen nicht akzeptiert, soll doch woanders arbeiten" lautete sein Motto.
Die Beratungsresistenz hatte eine Kehrseite: Die negativen Entwicklungen in seinem Unternehmen gingen vollständig auf sein Konto. Die Zusammenarbeit mit Austrian Airlines, die nach den Verlustjahren infolge des Absturzes nötig wurde, fiel ihm schwer. Schließlich verkaufte er.
Alles in allem kommt Lauda in der Luftfahrtbranche nicht ganz so weit, wie Ryanair-Gründer Michael O'Leary oder Stelios Haji-Ioannou von EasyJet. Doch erfolgreich war er allemal.
Zumal er bis zuletzt auch noch in der Formel 1 aktiv war - als Mitbesitzer und Aufsichtsratschef des Mercedes-Rennstalls. Mit Lauda habe die Rennserie "nicht nur einen Helden verloren, der das wohl eindrucksvollste Comeback aller Zeiten gegeben hat, sondern auch jemanden, der wertvolle Klarheit und Offenheit in die moderne Formel 1 gebracht hat", sagte Mercedes-Partner Toto Wolff: "Wir werden ihn als Stimme der Vernunft sehr vermissen."
Quelle: Spiegel.de